Nach drei Jahren Sendepause endlich einen günstigen (wielleicht billigen) Amboss gefunden

1. März 2023 um 09:25

Hallo zusammen,

ich hatte mich vor 3 Jahren nach einem zweitägigen Schmiedekurs hier vorgestellt und bin seitdem auf der Suche nach einem Amboss gewesen.

Letztes Wochenende habe ich endlich einen gefunden.

Es scheint die böhmische Form zu sein und wiegt geschätzt über 150 kg. Er ist ziemlich alt, ich gehe von mindestens 100 Jahren aus (stand im sehr entfernten Bekanntenkreis noch vom Großvater im Garten) und hat auch schon ein wenig gelitten. Zum Größenvergleich: Er steht im Moment auf einer Betonplatte von 50 cm Seitenlänge.

Meine nächsten Schritte werden sein: Mich um eine Esse kümmern, günstig gebraucht oder Selbstbau, meine Werkstatt ist sowohl für die Holz- als auch im Stahlverarbeitung gut ausgestattet, Elektroden- und Schutzgas-Schweißgerät ist vorhanden, deshalb schrecke ich auch vor Eigenbau nicht zurück und danach den Amboss wieder etwas anhübschen und gebrauchsfähig machen.

Eine Stempelung habe ich bisher noch nicht gefunden, die Kanten sind überall ziemlich rund und etwas aufgepilzt. Kann ich die Aufpilzungen einfach wegschleifen im wieder einigermaßen verwendbare Kanten zu bekommen oder würdet ihr etwas anderes empfehlen.

 

Ich werde über den Fortgang berichten.


Liebe Grüße aus dem Moor
 
Ralf

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1. März 2023 um 11:29

Guten Morgen,

 

dein Amboss hat die "Berliner" oder "Holländische" Form. Ein, zwei Bilder von oben wären natürlich noch hilfreich.

Ich würde nichts daran herumschleifen und -schweißen, mach ihn sauber und nutze ihn erstmal. Runde Kanten sind sowieso wesentlich sinnvoller, dieser scharfe-Kanten-Fetisch ist ohnehin nur ein Internetding.

 

Viele Grüße

Julian

1. März 2023 um 11:49

Ein wirklich altes Stück. Was hast Du denn dafür bezahlt?

ich persönlich würde auf jeden Fall die "aufgepilzten" Kanten wegschleifen sowie den Rost mit Drahtbürste und Fächerschleifscheibe entfernen. Schweißen erst mal nicht...

 

Gruß DerSchlosser

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 1. März 2023 um 11:57, Martin Hartung / DerSchlosser
1. März 2023 um 12:09

Den Preis mag ich kaum verraten, da der Eigentümer gerade den Haushalt seiner verstorbenen Eltern auflöst und es ihm in erster Linie darum ging, dass der Amboss "aus dem Weg" und zu jemandem kommt, der ihn zu schätzen weiß. 

Ein Freund von mir hat bei der Auflösung geholfen und uns in Kontakt gebracht. Sein Angebot war: Selbst abholen und 50€ - ich sage mal so, ich habe nicht gefeilscht - und der Besitzer war froh, dass er wieder in Betrieb kommt.

Das Verladen war allerdings nicht so einfach. Zu dritt konnten wir ihn nicht anheben. Die luftbereifte Schwerlassackkarre konnte ich alleine nicht ankippen, 100 kg Kampfgewicht waren zu wenig.

 


Liebe Grüße aus dem Moor
 
Ralf
1. März 2023 um 13:02

Ach so, zur Form: "holländische Form" könnte zur Geschichte des Amboss passen: Er ist aus dem Nachlass einen ostfriesischen Binnenschiffers.


Liebe Grüße aus dem Moor
 
Ralf
1. März 2023 um 17:24
Ralf Timmermann, 1. März 2023 um 12:02

Ach so, zur Form: "holländische Form" könnte zur Geschichte des Amboss passen: Er ist aus dem Nachlass einen ostfriesischen Binnenschiffers.

 

Das ist eher unwahrscheinlich. Zu dem Zeitpunkt, an dem man die unterschiedlichen Formen entsprechend benennt, ist die Verbreitung eigentlich nicht mehr entsprechend geographisch begrenzt. Vor allem ähneln sich viele Formen sehr stark und weichen nur in kleinsten Details voneinander ab, so dass man hier auch keine finale Aussage treffen kann. Wie gesagt, ein paar mehr Bilder helfen vielleicht noch bei der weiteren Bestimmung.

2. März 2023 um 11:44

Na, bei dem Preis hast Du wirklich nichts falsch gemacht😄

Etwas aufhübschen, und gut ists.

Wie Julian schon schrieb, wären Fotos der Bahn zur weiteren Beurteilung hilfreich.

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
4. März 2023 um 20:32

Ralf,

ohne Amboss ist das Schmieden schwierig, daher ist selbst einer in schlechtem Zustand besser als nichts. Dein Amboss scheint in der Mitte der Bahn sehr eingeschlagen zu sein (1. Foto), und das ist natürlich nicht gut, weil es zeigt, dass die Härtung nicht geklappt hat. Das andere Extrem wäre eine zu harte Ambossbahn, bei der die Kanten abplatzen und wegbröckeln - das will man auch nicht. 

Die "Überhänge" sind zu nichts gut und können problemlos abgefräst oder geschliffen werden, damit Du doch noch so etwas wie Kanten bekommst. Julian hat natürlich recht damit, dass wirklich scharfe Kanten nicht sinnvoll sind, aber man sollte doch an manchen Stellen absetzen können.

Oben am Rundhorn scheint so etwas wie eine Fuge zu sein. Hat jemand versucht, es abzutrennen? Ohne eine gründliche Reparatur bestünde dann ein Bruchrisiko. In Bild 2 sehe ich in der Mitte der Bahn auch einen massiven Defekt. Natürlich kann man diesen Bereich als nicht nutzbar vermeiden, aber in diesem Zustand scheint mir der Amboss auch ein guter Kandidat für eine Reparaturschweißung zu sein. Was könnte man da noch kaputtmachen? Das Schweißmaterial ist meist recht hart und hält gar nicht so schlecht. 

Rost ist bei Ambossen meist nur ein oberflächliches (= ästhetisches) Problem - so schnell rosten sie ja nicht durch! Da muss die Bahn offenbar nur gut überarbeitet werden, damit sie wieder nutzbar wird!

Generell schmiedet man ja auf einer recht kleinen Fläche und lässt das Werkstück unter dem Hammer durchwandern. Daher kann man meist auch bei einem ramponierten Amboss noch eine ausreichend große Fläche finden, auf der man kleine Objekte wie Messer schmieden kann.
Da die Fotos noch keine umfassende Beurteilung zulassen, musst Du wohl erst einmal das Teil zu Hause genau anschauen.

Unter Umständen könnte man auch eine Überarbeitung bei Refflinghaus in Erwägung ziehen, allerdings kann er heute leider keine neue Bahn mehr aufschweißen. Härten geht allerdings schon! 

Ich wünsche Dir jedenfalls viel Spaß bei der Arbeit und gute Ergebnisse!

Jean 

5. März 2023 um 17:27

Hallo zusammen, erst einmal vielen Dankt für Eure Rückmeldungen. Es wurden ein paar mehr Bilder gewünscht, da kann ich jetzt abhelfen.

Ich habe heute den Amboss von allen Seiten fotografiert.

Der Schlitz im Horn hat mich auch erst erschreckt, da scheint mal jemand (ansichtlich oder versehentlich) mit dem Brenner durchgegangen zu sein, der Riss scheint aber nicht ins Material weitergewandert zu sein.

Von daher denke ich, dass mir das Horn beim Schmieden von etwas Gartendeko und einem Zaun wohl nicht gleich abfallen wird.

Jetzt gilt es erst einmal eine Esse zu finden oder zu bauen - dann sehen wir weiter.

Lieben Gruß Ralf


Liebe Grüße aus dem Moor
 
Ralf

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5. März 2023 um 18:08

Hello,

danke für die Bilder, der sieht doch noch ganz wunderbar aus. Das Horn wird dir auch nicht abbrechen, da ist genug Material vorhanden (eventuelle Schweißfehler ausgenommen, die würden aber an anderer Stelle auftreten).

 

Es ist übrigens die holländische Form, erkennbar an dem schmaleren Horn, verglichen mit der Bahnbreite. Die Berliner Form hätte ein breiteres Horn.

 

Viele Grüße

Julian

25. Juli 2024 um 10:28

So langsam geht es weiter...

Den Amboss habe ich in Position, meine Frau und mein Sohn haben mir eine kleine Gasesse geschenkt.

 

Ein paar Tage später wurde mir noch eine Kohleesse angebote, bei der ich noch ein paar kleine Reparaturen machen und ein Gebläse nachrüsten werde.

Meine ersten Versuche auf die schnelle am letzten Wochennede haben schon mal geklappt. Jetzt muss ich etwas Routine entwickeln.

 

Beim Reinigen und aufsetzen vom Amboss ist und eine Aufschrift aufgefallen, die unter Rost und Schmutz verborgen war, wir haben sie gereinigt und mit Ölkreide sichtbar gemacht.

 

Hat jemand eine Idee, ob die Aufschrift etwas über das Alter oder den Ursprung aussagt?

 

Liebe Grüße aus dem Moor

Ralf


Liebe Grüße aus dem Moor
 
Ralf

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25. Juli 2024 um 12:37

Ralf,

über die Inschrift auf dem Amboss kann Dir vermutlich Jörg Refflinghaus (Ambosshersteller in Ennepetal, E-Mail: [email protected] ) etwas sagen. Ich vermute, dass der Amboss mindestens 150 bis 200 Jahre alt ist.

Der wird Dir sicher auch raten, die Schnittfuge am Rundhorn zuschweißen zu lassen. Im jetzigen Zustand stellt sie eine Sollbruchkerbe dar. Ob sie gleich beim ersten Einsatz des Ambosses abbricht, weiß niemand, aber FALLS das Horn abbräche, wäre der Reparaturaufwand sehr groß, wenn nicht gar unmöglich! Schon ein feiner Haarriss wäre an dieser Stelle das Aus für das Rundhorn. Da Du offenbar Kunstschmiedeobjekte herstellen willst, sehe ich die Erhaltung des Rundhorns als eminent wichtig an.  

Für Deinen Schmiedeplatz brauchst Du noch unbedingt einen Lichtschutz - bei vollem Tageslicht ist das Arbeiten selbst für einen routinierten Schmied schwierig, weil man die Glühfarben des Stahls nicht erkennen kann. Ein überdachter Unterstand, nur an zwei oder besser drei Seiten geschlossen, vermindert auch die Bildung von Rost.

Viel Spaß!

Ambosshersteller:  https://www.ernst-refflinghaus.de/ambosshersteller.html

Zuletzt bearbeitet: 25. Juli 2024 um 12:43, Jean Collin
26. Oktober 2024 um 22:23
Moin Ralf
Glückwunsch zum neuen Amboss.
Du hast die einen Ständer dafür geschweißt.
Wenn ich den so ansehe, fürchte ich, dass der beim Schmieden federt, Jedes Federn, Wackeln etc. des Amboss verbraucht Energie aus Deinem Hammerschlag, statt sie an das Werkstück zurückzugeben. Folge, der Amboss zieht nicht so gut, wie er könnte.
Ich habe das als Anfänger nicht so richtig verstanden, aber bei einem Schmiedekurs sehr deutlich erlebt. Am ersten Tag stand ich an einem Amboss mit einem ähnlichen Ständer, wie Deiner. Ich wollte aus eine 16mm PKW Feder einen Dorn schmieden und hab mich dumm und albern gekloppt und die Feder hat nur gegrinst. Der Amboss hat dabei gewackelt und gehüpft, nicht viel, aber immerhin. Am nächsten Morgen war ich schneller und habe einen Amboss ergattert, der satt auf dem Stock stand, habe wie gestern auf die Feder geschlagen, 3 Schläge... platt Ich konnte von vorne anfangen. Echt ein Unterschied, wie Tag und Nacht. Die Ambosse hatten die gleiche Größe, Der Eine stand satt auf, der Andere nicht. Seit dem weiß, was es heißt ein Amboss zieht gut.
 
Für meinen Reiseamboss (35kg) habe ich mir auch so einen Ständer gebaut, Gerade die Kleinen klingeln meist wie Sau. meiner auch.
Die Aufnahme ist aus 60 x 60 x 5 Winkeleisen als geschlossene Wanne ausgeführt. die Beine sind aus Ø60mm Rohr. Die Rohre habe ich mit Sand gefüllt damit da auch nichts schwingt. In die Wanne habe ich eine ca.. 5mm Bleischicht hineingegossen eine Lage Dachpappe eingelegt, Dann den Amboss drauf und kräftig mit dem Vorschlaghammer bearbeitet. Latürlich nicht direkt auf den Amboss. Am Ständer ist eine Markierung, damit der Amboss immer wieder in der selben Richtung eingesetzt wird. Durch das satte Aufliegen, die kleinen Unebenheiten werden durch die plastisch verformbare Unterlage ausgeglichen, klingelt der Amboss nicht mehr und zieht auch prima. Der Ständer bringt rund 29 kg auf die Waage und der Amboss 35.
 
 
Vielleicht kannst Du ja Deinen Ständer ja entsprechend modifizieren. Das macht Dir das Leben als Schmied deutlich leichter.
 
Gruß   Christoph
 
 
Wasser trinkt der Vierbeiner, der Mensch findet Bier feiner.
Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2024 um 22:27, Christoph Nohtse (DL1LBN)
29. Oktober 2024 um 09:59

Hallo Christoph,

mir ist durchaus bewusst, dass ein Amboss klassisch auf einen Holzklotz oder eine Sandbox gehört.

Da der Amboss aber frei im Garten steht und ca. 200 kg wiegt, habe ich mich gegen einen Holzklotz entschieden, weil man dem zu spät ansieht, wenn er morsch wird. Ich bin über 60 und möchte nicht, dass in vielleicht 20 Jahren, wenn keiner mehr über den Amboss nachdenkt, weil der ja "schon immer das stand", eines meiner Enkel unter dem Amboss liegt.

Die geschweißte Unterkonstruktion ist aus 100x100x10 mm Winkelstahl für die Beine und 60x60x8 mm Winkelstahl für den Rahmen. Das ganze ist auf einem Sockel festgeschraubt der 30 cm ins Erdreich ragt. Unter dem Amboss liegt zur Dämpfung rundum eine schmaler Streifen Industriegummi (50 mm breit und 5 mm stark).

Das ist schon recht schwingungsarm. Das ist so leise, dass ich mich bewusst daran erinnern muss, mein Gehör zu schützen und auch die Nachbarn wirken nicht genervt, sondern schauen interessiert nach, was da so entsteht. 

Im Schmiedekurs hatten wir Ambosse von ca. 30 kg auf einem Untergestell, das aus 30x30x5mm Winkelstahl geschweißt war und lose auf dem rasen stand, da sind wir im Laufe das Tages schon mit dem Amboss ziemlich durch die Gegend gewandert. 

 

Da ich nicht professionell Schmiede, sondern nur zur Entspannung ab und an meine Kreativität an glühendem Eisen auslebe, denke ich, dass diese Lösung funktionieren wird.


Liebe Grüße aus dem Moor
 
Ralf