Biegen mit punktueller Hitze und Schraubstock (Anleitung mit Bildern & Video)

10. November 2014 um 18:47
Wenn es darum geht Stahl an einer bestimmten Stelle zu biegen, dann ist eine intuitive und viel zu beobachtende Reaktion diesen auf einer gewissen Länge warm zu machen und über die Kante des Ambosses zu hämmern. Das Problem bei dieser Herangehensweise ist jedoch, dass beide Schenkel des Winkels sich gegenseitig beeinflussen. Schlägt man einen der Schenkel flach auf den Amboss, wölbt sich der andere Schenkel dadurch nach oben. Es dauert dadurch zum Teil mehrere Hitzen, bis die gewünschte Form erreicht ist. Bis dahin haben die zahlreichen Hammerschläge und die Ambosskante ihre Spuren hinterlassen. Ist das Werkstück so lang, dass das Ende gegen den Ambosstock oder gar den Boden stößt, führt diese Technik mithin überhaupt nicht zum Erfolg.

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Eine sauberere, effizientere und präzisere Herangehensweise ist sich die Konzentration von Hitze auf einen bestimmten Punkt und den Schmiedeschraubstock zunutze zu machen. 

Dazu müsst ihr euch zunächst die Stelle, an welcher die Biegung angebracht werden soll markieren.

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Dann platziert ihr das Werkstück so im Feuer, dass das Material bis zu der Stelle, an der ihr die Biegung wollt warm wird. Stellt dabei sicher, dass eure Markierung nicht verwischt wird.

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Nun schreckt ihr das Material bis zu der Stelle ab, an der ihr die Biegung wollt. Ist das Material doch über die Markierung hinaus warm geworden, dann könnt ihr die andere Seite entweder ebenfalls durch Eintauchen, oder wenn es dafür zu lang ist, auch mithilfe eines Wasserkännchens abkühlen.

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Dann spannt ihr das Werkstück horizontal so in den Schraubstock ein, dass die warme Stelle rund 25 bis 50mm außerhalb der Backen liegt. Das verhindert, dass die Schraubstockbacken Marken auf der Innenseite der Biegung hinterlassen. Dann biegt ihr es einfach so weit, wie ihr es haben wollt.

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Je kürzer die Hitze, desto kleiner ist der Radius der Biegung. Beachtet aber, dass die Hitze minimal so lang sein muss, wieder Durchmesser des Querschnitts an der Stelle, da das Material sonst an der Außenseite gesteckt wird.

Habt ihr die Möglichkeit zum Aufwärmen einen Gasbrenner mit einer feinen Düse zu verwenden, dann könnt ihr das Werkstück gleich in den Schraubstock einspannen und die entsprechende Stelle warm machen. Dadurch erspart ihr euch das Abschrecken und könnt so unter Umständen auch höher legierte Stähle biegen, die beim Abschrecken härten würden.

Hier demonstriere ich die Technik noch einmal in einem Video:

http://youtu.be/sK8_adcITHQ 

Ich hoffe, dieser kleine Tipp konnte euch weiterhelfen.

Beste Grüße
Daniel

Zuletzt bearbeitet: 10. November 2014 um 18:51, Daniel Lea
10. November 2014 um 20:17
Ein schlecht gewähltes Beispiel dieses dünne Material! Auch die sich beeinflussenden Schenkel sind eher nebensächlich... Es kommt eher darauf an was man wie präzise Biegen will!

Präzision oder eine Serienherstellung verlangt nach dem Schraubstock und oder einer Biegevorrichtung.

Bauklammern oder z.B. Zeltheringe biege ich immer an der Ambosskante. Es geht schnell, ich muss nicht zum Schraubstock laufen und bei Bauklammern z. B. wird die Biegung mit der Restwärme vom Anspitzen miterledigt.

Wenn ich große Querschnitte oder Rohre biegen will bediene ich mich dem Schraubstock. Das Problem des Schraubstockes liegt nämlich in den "kalten Backen" die Dir unheimlich schnell die Wärme aus dem Werkstück zieht. Gerade für Anfänger und bei kleinen Querschnitten ein ungeheures Problem!

Der einfachere und schnellere Weg: Die Biegegabel und das Biegeeisen! Bei gleichbleibender Präzision!

Und jetzt mal zu den Beispielfotos:

1. Wenn man im Schraubstock biegt oder sonstwie arbeitet sollte es Standard sein auf die feste Backe zuzuarbeiten nicht weg davon! Das schont den Schraubstock und die Spindel!

2. Glas in der Werkstatt! Ein absolutes No Go! Die gut althergebrachte Konservendose ist da wesentlich besser! Kostet nix und wenn man den Rand an der Öffnung umbördelt gibts auch keine scharfen Kanten!
Und Weißblech splittert nicht wenn die Dose herunterfällt in der Eile des Arbeitens.

3. Das Biegen: Es gibt IMMER eine gestreckte und ein gestauchte Seite beim Biegen! Und die neutrale Faser welche sich etwa in der Mitte des Querschnittes befindet der Gebogen wird!
Ein zu Kurzes erwärmen führt nicht zu einem Strecken sondern zu einem übermäßigen Strecken auf kurzer Länge daraus resultieren Risse und/oder Einschnürungen.

Ich hoffe geholfen zu haben!

Gruß

Oli
Zuletzt bearbeitet: 10. November 2014 um 21:47
10. November 2014 um 21:53
Hallo Olli,

danke für die zahlreichen Ergänzungen!

Das Beispiel war natürlich überspitzt dargestellt um den Effekt besonders deutlich hevorzuheben .

Bauklammern und Zeltheringe würde ich wahrscheinlich auch über der Ambosskante biegen.

Das Problem mit den kalten Backen ist mir bekannt. Das ist hier aber auch eher nebensächlich da die warme Stelle eh außerhalb der Backen liegt und das Werkstück nicht sehr lange eingespannt bleibt. Bei anderen Arbeiten aber durchaus ein Problem!

Mit Biegegabel und Biegeeisen müsste ich mal etwas mehr Zeit verbringen. Habe mich bis jetzt immer ein wenig darum gedrückt und dadurch wahrscheinlich viele Möglichkeiten den Stahl zu bearbeiten verstreichen lassen.

Das mit der festen Backe werde ich mir mal für größere Werkstücke merken, auch wenn mein Schraubstock dafür leider etwas deplaziert ist.

Mit dem Glas gebe ich dir vollkommen recht! Ich verwende für gewöhnlich Konservendosen. Die konnte ich aber ums Verrecken an dem Abend nicht finden und habe das Nächsbeste genommen, was ich finden konnte. Für eine Anleitung wahrscheinlich ein faux pas.

"übermäßigen Strecken auf kurzer Länge" das beschreibt es wohl am besten. Danke nochmal für diese Ergänzung.


Beste Grüße
- Daniel