Wärmebehandlung eines Sensenblattes
Wärmebehandlung eines Sensenblattes
20 juni 2015 19:38
Hallo beisammen,
nachdem ich heute endlich mal wieder Zeit gefunden habe zu schmieden, habe ich ein 50cm langes Sensenblatt aus C60 Stahl geschmiedet. Ich muss es noch dengeln bzw. überhaupt scharf bekommen. Ich frage mich allerdings ob und welche Wärmebehandlung ich durchführen sollte.
Auch ungehärtet ist C60 ja schon mal zäher als Baustahl, und die leichte Verdichtung durchs kalte Dengeln bringt auch noch etwas mehr. Aber wenn ich das Blatt härten würde, sollte ich es meines Verständnisses nach eher im Bereich 400-500 Grad Celsius anlassen um Zähigkeit statt Härte zu bekommen. Dummerweise geht mein Backofen nur bis 250 Grad.
Jemand eines Idee?
nachdem ich heute endlich mal wieder Zeit gefunden habe zu schmieden, habe ich ein 50cm langes Sensenblatt aus C60 Stahl geschmiedet. Ich muss es noch dengeln bzw. überhaupt scharf bekommen. Ich frage mich allerdings ob und welche Wärmebehandlung ich durchführen sollte.
Auch ungehärtet ist C60 ja schon mal zäher als Baustahl, und die leichte Verdichtung durchs kalte Dengeln bringt auch noch etwas mehr. Aber wenn ich das Blatt härten würde, sollte ich es meines Verständnisses nach eher im Bereich 400-500 Grad Celsius anlassen um Zähigkeit statt Härte zu bekommen. Dummerweise geht mein Backofen nur bis 250 Grad.
Jemand eines Idee?
20 juni 2015 20:34
Hallo Hellhamster,
geht es dir um die Frage ob du das Blatt wärmebehandeln solltest oder geht es darum wie?
Zur Frage "ob?": Ja!
Zur Frage "wie?":
In den alten Sensenschmieden gab es große Härteöfen in denen die Sensenblätter gleichmäßig auf Temperatur gebracht wurden. Der Abschreckvorgang erfolgte dann mit speziellen Härtezangen in großen Ölbädern. Die Zange hat dabei genau die Form des Blattes, hat aber viele kleine Löcher (wie ein Sieb). Das hat den Hintergrund, dass die Zange das Sensenblatt beim Abschrecken in der Form hät und dieses sich nicht verziehen kann. Man bedenke wie dünn ein Sensenblatt ist!
Die siebartige Struktur der Zange sorgt natürlich dafür dass das Blatt überhaupt Kontakt zum Öl bekommt.
Angelassen wurden die Sensenblätter in Sandkästen. Diese wurden von unten beheizt und die zuvor polierten Blätter wurden in den heißen Sand gesteckt.
Soviel zur Historie. Wie du das nun umsetzten kannst musst du selber wissen. Anlassen mit der Gasflamme usw. sind alles Möglichkeiten und Tricks die du bei deinem Einzelstück umsetzen kannst, die aber nicht für die Serienproduktion der alten Sensenhämmer geeignet wären.
Stell doch mal ein Bild von der Sense rein. Würde mich interessieren!
Gruß
Willi
geht es dir um die Frage ob du das Blatt wärmebehandeln solltest oder geht es darum wie?
Zur Frage "ob?": Ja!
Zur Frage "wie?":
In den alten Sensenschmieden gab es große Härteöfen in denen die Sensenblätter gleichmäßig auf Temperatur gebracht wurden. Der Abschreckvorgang erfolgte dann mit speziellen Härtezangen in großen Ölbädern. Die Zange hat dabei genau die Form des Blattes, hat aber viele kleine Löcher (wie ein Sieb). Das hat den Hintergrund, dass die Zange das Sensenblatt beim Abschrecken in der Form hät und dieses sich nicht verziehen kann. Man bedenke wie dünn ein Sensenblatt ist!
Die siebartige Struktur der Zange sorgt natürlich dafür dass das Blatt überhaupt Kontakt zum Öl bekommt.
Angelassen wurden die Sensenblätter in Sandkästen. Diese wurden von unten beheizt und die zuvor polierten Blätter wurden in den heißen Sand gesteckt.
Soviel zur Historie. Wie du das nun umsetzten kannst musst du selber wissen. Anlassen mit der Gasflamme usw. sind alles Möglichkeiten und Tricks die du bei deinem Einzelstück umsetzen kannst, die aber nicht für die Serienproduktion der alten Sensenhämmer geeignet wären.
Stell doch mal ein Bild von der Sense rein. Würde mich interessieren!
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
20 juni 2015 21:10
Ich mach morgen ein Foto, ist allerdings nicht so das Wahre geworden. Die Krümmung ging wieder raus usw, aber man übt sich ;)
Mit der Gasflamme bis ins bläuliche ist nicht das Problem, durch das jahrelange Einbrennen von Leinöl zum schwärzen auf Blechen habe ich das sehr gut drauf. Aber die Temperatur kann ich natürlich keine halbe Stunde halten. Reicht das kurze Erreichen der Anlasstemperatur aus?
Mit der Gasflamme bis ins bläuliche ist nicht das Problem, durch das jahrelange Einbrennen von Leinöl zum schwärzen auf Blechen habe ich das sehr gut drauf. Aber die Temperatur kann ich natürlich keine halbe Stunde halten. Reicht das kurze Erreichen der Anlasstemperatur aus?
21 juni 2015 10:56
Moin moin!
Wenn du ganz sicher gehen willst, kannst du das Sensenblatt nach dem anlassen nochmals blank polieren und einfach ein zweites mal anlassen.
Ich werde mal Recherche betreiben wie lange die Sensenblätter in den Sandkästen lagen, aber aus meiner Erinnerung heraus war das keine halbe Stunde.
Muss ja auch nicht sein. Überleg mal: Wenn du einen Meißel mit Restwärme anlässt, dann zieht die Wärme langsam vom hinteren Teil bis zu Schneide. Wenn die Schneide die richtige Anlassfarbe erreicht hat, unterbrichst du den Vorgang durch abkühlen.
Zwar sollte die Wärme nicht zu schnell und nicht zu plötzlich nach vorne wandern, aber Haltezeiten von 30min hast du hier auch nicht. Im Idealfall eben ein paar Minuten in denen sich die Schneide langsam erwärmt.
Ich denke also, dass du deine Sense auch nur einmal anlassen musst (halt nur nicht zu schnell).
Zum Abschrecken kann ich nur sagen, dass du es probieren musst. Du wirst kaum die Muße und die Zeit haben dir eine extra Härtezange für dein (leicht misslungenes Sensenblatt) zu bauen.
Ich würde mir eine Möglichkeit zum Abschrecken bauen und es probieren.
Am ehesten würde ich senkrecht eintauchen, also mit der Spitze zuerst. So kannst du einerseits die Angel ungehärtet lassen und meiner Meinung nach besteht so am wenigsten Gefahr, dass sich das Blatt verzieht oder bricht.
Wenn du dagegen waagrerecht mit der gesamten Blattlänge auf einmal abschreckst bekommst du ziemliche Spannungen. Die dünne Schneide kühlt schnell ab und ist fest (glashart!), während der dickere Rücken sich weiter abkühlt und zusammen zieht. Im schlimmsten Fall reißt dir dann die Schneide.
(Ich hatte das mal bei einer Bartaxt mit langem dünnen Bart wie dieser hier: Klick)
Viel Erfolg!
Bin gespannt auf das Bild!
Gruß
Willi
Wenn du ganz sicher gehen willst, kannst du das Sensenblatt nach dem anlassen nochmals blank polieren und einfach ein zweites mal anlassen.
Ich werde mal Recherche betreiben wie lange die Sensenblätter in den Sandkästen lagen, aber aus meiner Erinnerung heraus war das keine halbe Stunde.
Muss ja auch nicht sein. Überleg mal: Wenn du einen Meißel mit Restwärme anlässt, dann zieht die Wärme langsam vom hinteren Teil bis zu Schneide. Wenn die Schneide die richtige Anlassfarbe erreicht hat, unterbrichst du den Vorgang durch abkühlen.
Zwar sollte die Wärme nicht zu schnell und nicht zu plötzlich nach vorne wandern, aber Haltezeiten von 30min hast du hier auch nicht. Im Idealfall eben ein paar Minuten in denen sich die Schneide langsam erwärmt.
Ich denke also, dass du deine Sense auch nur einmal anlassen musst (halt nur nicht zu schnell).
Zum Abschrecken kann ich nur sagen, dass du es probieren musst. Du wirst kaum die Muße und die Zeit haben dir eine extra Härtezange für dein (leicht misslungenes Sensenblatt) zu bauen.
Ich würde mir eine Möglichkeit zum Abschrecken bauen und es probieren.
Am ehesten würde ich senkrecht eintauchen, also mit der Spitze zuerst. So kannst du einerseits die Angel ungehärtet lassen und meiner Meinung nach besteht so am wenigsten Gefahr, dass sich das Blatt verzieht oder bricht.
Wenn du dagegen waagrerecht mit der gesamten Blattlänge auf einmal abschreckst bekommst du ziemliche Spannungen. Die dünne Schneide kühlt schnell ab und ist fest (glashart!), während der dickere Rücken sich weiter abkühlt und zusammen zieht. Im schlimmsten Fall reißt dir dann die Schneide.
(Ich hatte das mal bei einer Bartaxt mit langem dünnen Bart wie dieser hier: Klick)
Viel Erfolg!
Bin gespannt auf das Bild!
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
21 juni 2015 12:18
Ich hab mal durch Zufall auf youtube ein Video gesehen in dem osteuropäische Schmiede ne Sense geschmiedet haben. Die haben nach dem Härten die Sense gaanz langsam über ein ganz kleines Holzkohlefeuer gezogen das mit einem Stohhalm aus Alu angepustet wurde. Das geschah ganz sachte und gleichmäßig und über die Anlassfarben beurteilte der Schmied wie fest er pusten musste bzw. wie schnell das Sensenblatt über das Feuer gezogen wurde. Dazu wurde nach dem Härten das Sensenblatt blankgeschliffen um die Anlassfarben sauber beurteilen zu können. Die Glut des Feuers war etwa so groß wie eine Kinderfaust. Das Sensenblatt war sicher 80cm lang und wurde waagerecht gehärtet. Hier ist es sicher einfacher aus von Willi genannten Gründen eher C45 als C60 zu verwenden um Spannungsrisse zu vermeiden. Gehärtet wurde in Öl. Übrigens auch in der Sensenschmiede von der Willi spricht.
Senast ändrad: 21 juni 2015 12:23
21 juni 2015 13:56
Einige Gedanken die villeicht einen anderen Draht gehören:
Die meisten chemisch/physikalische Prozesse gehen bei höheren Temperaturen schneller. Vorausgesetzt dass ein Prozess in einen Temperaturbereich wo es überhapt möglich ist, getrieben wird, kan mann ruhig annehmen daß eine niedrigere Temperatur bel längere Haltezeit mit höheren Temperatur bei kürzere Haltezeit gleichwertig ist.
Anlauffarben entstehen durch Oxydation der Oberfläche. Das ist auch so ein Prozess die schneller geht bei höheren Temperatur. Wer also nach Anlauffarben anläuft hat den Vorteil daß die Oxydation mit dem Anlaufen parallell läuft und die exakte Temperatur nicht SEHR wichtig ist. Wer in Ofen anläuft muß aber einigermaßen wissen wie lange bei welcher Temperatur. Viele "bladesmiths" anlaufen in Backofen bei unter 250 grad wogegen Stahllieferanten etwa 400 grad empfehlen. Haltezeiten sind hier bestimmt sehr verschieden.
Kommentare hätte ich gern.
Bitte entschuldige mein schlechtes Deutch
Göte
Die meisten chemisch/physikalische Prozesse gehen bei höheren Temperaturen schneller. Vorausgesetzt dass ein Prozess in einen Temperaturbereich wo es überhapt möglich ist, getrieben wird, kan mann ruhig annehmen daß eine niedrigere Temperatur bel längere Haltezeit mit höheren Temperatur bei kürzere Haltezeit gleichwertig ist.
Anlauffarben entstehen durch Oxydation der Oberfläche. Das ist auch so ein Prozess die schneller geht bei höheren Temperatur. Wer also nach Anlauffarben anläuft hat den Vorteil daß die Oxydation mit dem Anlaufen parallell läuft und die exakte Temperatur nicht SEHR wichtig ist. Wer in Ofen anläuft muß aber einigermaßen wissen wie lange bei welcher Temperatur. Viele "bladesmiths" anlaufen in Backofen bei unter 250 grad wogegen Stahllieferanten etwa 400 grad empfehlen. Haltezeiten sind hier bestimmt sehr verschieden.
Kommentare hätte ich gern.
Bitte entschuldige mein schlechtes Deutch
Göte
21 juni 2015 17:50
Grundsätzlich würde ich das so unterschreiben. Ohne jetzt praktisch großartig diesbezüglich Erfahrung zu haben. Allerdings spielt der Querschnitt des Werkstückes und das Material noch ne Rolle (Schalenhärter oder Durchhärter bei dem bis zum Kern angelassen werden muss) und natürlich auch die Art des Stahles (z.B. Sehr hoch C haltige Stähle bei denen beim ersten Anlassvorgang erst noch das Restaustenit umgewandelt werden muss).
21 juni 2015 18:46
Sooo, meine Kamera habe ich mal wieder verlegt, daher nur ein Handybild.
Insgesamt ist das Projekt erst einmal gescheitert, ist aber womöglich noch zu retten.
Das Härten hat ganz gut geklappt, nur minimaler Verzug, nicht weiter wild für ein Arbeitsgerät. Nach dem Härten habe ich die Unterseite blank geschliffen und das ganze am dickeren Rücken des Sensenblattes mit dem Gasbrenner erwärmt. Langsam und vorsichtig. Als Ergebnis bekam ich ein blaues Sensenblatt. Das Anlassen ist geglückt, das Blatt war flexibel und federnd, dabei aber wirklich hundsgemein zäh. Beim Dengeln konnte ich kaum etwas ausrichten, hätte tatsächlich etwa 2 Stunden gedauert von 1mm Stärke auf Schnittschärfe zu kommen. Ich habe dann doch gepfuscht und geschliffen, da das ganze von der Form her nicht perfekt geworden ist.
Nachdem es recht scharf war habe ich das Blatt am Worb befestiigt und alles ausprobiert. Und hier zeigte sich das Problem: Obwohl die Sense eigentlich zu kurz war, tat sie ihr Werk und schnitt das Gras. Nicht perfekt, aber das war wohl eher eine Mischung aus falscher Technik, falscher Blattform und schlechtem Dangel. Aber, die Sense verbog sich an der Hamme. Diese habe ich aus Angst vor Bruch nicht gehärtet, und anscheinend sind die 3mm nicht stark genug. Beizeiten will ich versuchen noch einmal zu härten, und dann auch die Hamme miteinbeziehen.
Auf jeden fall werde ich das nächste Sensenblatt, das länger und stärker gekrümmt sein soll nicht in der esse härten können, dafür ist die Esse zu klein vom Innenraum her. Es ist sogar zu bezweifeln ob ich insgesamt meine Messermacher-Gasesse dafür verwenden kann. Dieses wenig gebogene Blatt ist von der Breite und Krümmung her das absolute Maximum in der typischen Propanflaschen-Esse, aber die ist ja auch für Klingen gemacht, nicht für Sensen.
Rein vom handwerklichen bin ich aber zufrieden. Es ist nur ein Übungsstück und ich bin immer noch blutigster Anfänger, aber in 4 Stunden habe ich mit meinem selbstgebauten Federhammer erfolgreich aus einer Scheibe C60 Welle dieses Sensenblatt geschmiedet, gehärtet und angelassen. Ich wollte vorallem einen halbrunden Gesenkaufsatz zum Ausrecken ausprobieren, insbesondere ob er sich zum partiellen Ausdünnen eignet, wie eben bei einem Sensenblatt.
Insgesamt ist das Projekt erst einmal gescheitert, ist aber womöglich noch zu retten.
Das Härten hat ganz gut geklappt, nur minimaler Verzug, nicht weiter wild für ein Arbeitsgerät. Nach dem Härten habe ich die Unterseite blank geschliffen und das ganze am dickeren Rücken des Sensenblattes mit dem Gasbrenner erwärmt. Langsam und vorsichtig. Als Ergebnis bekam ich ein blaues Sensenblatt. Das Anlassen ist geglückt, das Blatt war flexibel und federnd, dabei aber wirklich hundsgemein zäh. Beim Dengeln konnte ich kaum etwas ausrichten, hätte tatsächlich etwa 2 Stunden gedauert von 1mm Stärke auf Schnittschärfe zu kommen. Ich habe dann doch gepfuscht und geschliffen, da das ganze von der Form her nicht perfekt geworden ist.
Nachdem es recht scharf war habe ich das Blatt am Worb befestiigt und alles ausprobiert. Und hier zeigte sich das Problem: Obwohl die Sense eigentlich zu kurz war, tat sie ihr Werk und schnitt das Gras. Nicht perfekt, aber das war wohl eher eine Mischung aus falscher Technik, falscher Blattform und schlechtem Dangel. Aber, die Sense verbog sich an der Hamme. Diese habe ich aus Angst vor Bruch nicht gehärtet, und anscheinend sind die 3mm nicht stark genug. Beizeiten will ich versuchen noch einmal zu härten, und dann auch die Hamme miteinbeziehen.
Auf jeden fall werde ich das nächste Sensenblatt, das länger und stärker gekrümmt sein soll nicht in der esse härten können, dafür ist die Esse zu klein vom Innenraum her. Es ist sogar zu bezweifeln ob ich insgesamt meine Messermacher-Gasesse dafür verwenden kann. Dieses wenig gebogene Blatt ist von der Breite und Krümmung her das absolute Maximum in der typischen Propanflaschen-Esse, aber die ist ja auch für Klingen gemacht, nicht für Sensen.
Rein vom handwerklichen bin ich aber zufrieden. Es ist nur ein Übungsstück und ich bin immer noch blutigster Anfänger, aber in 4 Stunden habe ich mit meinem selbstgebauten Federhammer erfolgreich aus einer Scheibe C60 Welle dieses Sensenblatt geschmiedet, gehärtet und angelassen. Ich wollte vorallem einen halbrunden Gesenkaufsatz zum Ausrecken ausprobieren, insbesondere ob er sich zum partiellen Ausdünnen eignet, wie eben bei einem Sensenblatt.
Senast ändrad: 21 juni 2015 18:50,
Björn Kluge