Buchbesprechung "Die Kunstschlosserei von Prof. Max Metzger"

18 February 2016 at 22:57
Hier komme ich jetzt zu einen meiner Favoriten.. aber ich stelle im Bezug auf diese Buchbesprechung fest warum Max Metzger einen so hohen Stellenwert für mich hat. Das hat mit meiner Schmiede zu tun, denn wer das Buch kennt, wird meine Schmiede dort wiederfinden, in vielen Details und sogar im Grundriss der Idealschmiede die Metzger darin beschreibt. Aber, fangen wir beim Anfang an.
Max Metzger befasst sich in diesem Buch, wie der Titel auch schon sagt mit der Darstellung der gesamten Praxis der ""modernen"" Kunstschlosserei. Zu dem Zeitpunkt wo das Buch entstanden ist, war Metzger am Puls der Zeit mit diesem Buch (1920) (meine Ausgabe ist die 3. Auflage von 1922). Hier finden wir in der gesamten Ausgabe die 20iger Jahre des. 20. Jhd. wiedergegeben. Mit allem was dazu gehört. Und das ist einiges. Diese Zeit denke ich kann durchaus als eine der Hochphasen des Schmiedehandwerks bezeichnet werden... aber ich schweife ab.

Anfangen tut Metzger auch mit dem wo alles anfängt.. beim Material. Zu der Zeit wohl top modern: Mannstaedtsche Ziereisen. Bandeisen gepunzt, verwunden, geprägt, was weiß ich... man konnte daraus wohl die tollsten Bilderrahmen o.ä. erstellen.. es ist eben dieses Typische.... anfängliche 20. Jhd. Einfach nur genial zu sehen was es einmal gab! Und dann kommt eben die ... Materialkunde.. die Aber bei Metzger eben nicht beim Stahl endet sondern auch diverse Buntmetalle einschließt. Ich denke es sollte hier einfach als Allgemeinwissen angesehen werden und macht einen in Sachen Stillehre auch nicht dümmer. Hier sind dann auch noch einige Tabellen mit Maßen Gewichten angegeben, hier muß ich aber zugeben.. das kann man heutzutage leichter ermitteln.

Eins meiner liebsten Kapitel ist die... Werkstatteinrichtung. Heutzutage wird eine Werkshalle auf der Grünen Wiese hochgezogen.. Hier machte sich Metzger sehr viel mehr Gedanken. Pläne von seiner "Idealschmiede", Himmelsausrichtung wg. Lichteinfall etc. wurden da alles mit einbezogen. Für mich war das Kapitel durchaus interessant und zeigt das Ergonomie wie auch Wirtschaftlichkeit keine neuen Erfindungen sind. Auch für jemanden der Heute eine Schmiede oder auch Werkstatt plant finde ich das Kapitel noch sehr interessant, und lesenswert.  Punkte über die man schmunzeln darf sind da auch einige.. die Gasglühlampe fand ich da sehr herausragend :). Weiter gehts zu den Schmiedeherden und deren Luftquellen, Kastenbälge, und Sitzbälge.. Präzisionsgebläse etc. findet man hier alle aufgeführt und ansatzweise erklärt mit Vor- und Nachteilen.
Dann kommen die Feuer- und Messwerkzeuge.  Herausstechend fand ich dabei das Kapitel über die Meißelformen. Da sind diverse Formen dabei die ich nur hier in dem Buch gefunden habe, und selber jetzt eben verwende und schätze.
Nun folgt eine Sammlung von Oldtimermaschinen.. Hier endeckt der Freund solcher Maschinen viele tolle Kurriositäten.. Fußbetriebene Drehbänke....
Und jetzt kommt der wirklich wertvolle Teil des Buchs: Die Bearbeitung des Schmiedeeisens. Hier sind einige Rezepte zu Flußmitteln drin die für verschiedene Aufgaben bestimmt sind. Das Feuerschweißen ist Metzgers liebstes Thema... im Buch schüttet er hier und da Schmach und Schande über nichtfeuerschweißende Schmiede aus, was in seiner Ausdrucksform schon sehr lustig sich liest, ich denke er ist erbost durch sein Büro gestampft während er diese Stelle bearbeitete!
Hier sind dann auch die 1. Gesenkzeichungen zu sehen von Bund und Ziergesenken Blättern und Schweißvorrichtungen, vom Verstählen von Gesenkhämmern und auch deren Schlagflächen. Wie man aufgestählte Gesenke herstellt.
Weiterhin gibt es in dme Kapitel immer wieder Schaukästen vom Städtischen Gewerbesaal in Berlin zu sehen wo Übungstücke in Abschnitten drin zu sehen und nachzuvollziehen sind. Sehr schön wie ich finde

Im Verlauf dieses riesigen Kapitels befaßt Metzger sich mit dem naturalistischen Schmieden von Blättern, Blumen, Knospen .. und irgendwo allem was grünt und blüht. Wunderschöne Arbeiten in Teilschritten wie auch eben tips.. was einfach nur unschön aussieht. Das Schmieden der Blumen möchte ich hier noch einmal vorheben als für mich beeindruckendes Kapitel mit schönen Anregungen.
Da ich ein großer Freund von Flechtungen bin, war ich sehr froh hier Tips zum Vermessen und Bemessen von Flechtungen etc. auch noch zu finden. Ein Hexengitter ist hier auch noch aufgedröselt.. wer das ersonnen hat mag auch irgendwie eine schwere Kindheit gehabt haben ;)
und weiter und weiter gehts.. das Rundmodellierte Schmieden voller Körper..  Greifen und Drachen.. gemeißelt und beschrieben.

Hier unterbreche ich ersteinmal meine Besprechung mit einem Zwischenfazit: Metzger ist für den historisch interessierten Profi bestimmt eine lohnenswerte Investition. Es gibt einige Sachen die hier beschrieben werden, wie Bleibäder o.ä. die man vielleicht unter heutigen Gesichtspunkten hinterfragen sollte. Auch jemand der sich mit Restaurierungsarbeiten auseinandersetzt wird wohl Metzger lieben lernen.

Gut die Hälfte haben wir noch zu gucken ;)

Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.
Last edit: 19 February 2016 at 10:32
19 February 2016 at 20:38
Kann mich auch nur anschließen..

danke.. <kappezieh> für den "Einblick" in das Buch.
Aber erstmal ist "Die Kunst des Schmiedens" dran.

mhm.. Uli wenn Du noch was "Wissenswertes" im Regal stehen hast.. mhm.. und Du vielleicht Zeit hast..... mhmmmm.. 
 Als Neuling weiss man ja gar nicht, welches Buch man sich mal Ausleihen/Kaufen sollte.
Bücher sind nun mal Teuer.. Und die meisten, so wie mich, scheuts ja davor Geld in die Hand zu nehmen und eventuell "sinnfrei" ,im ersten Augenblick, zu versenken.

gruss
!ngo
19 February 2016 at 18:58
Danke Uli für das Kompliment,

ja, ich hatte nun die Zeit einmal wirklich wieder mich oberflächlich eingehend mit den 2 Büchern auseinanderzusetzen, was mir auch mal wieder gut getan hat. Der Blickwinkel auf einige Sachen ändert sich auch mit den eigenen Fähigkeiten und Interessen, und wenn man nicht regelmäßig mal wirklich seine Schätze sichtet, weiß man gar nicht was man da mitunter drin versteckt hat, und wenn ich da auch einige dazu bewegt habe, dieses zu machen, dann hat die Besprechung ja durchaus Sinn gemacht ;)
Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.
19 February 2016 at 16:27
Lutz danke, für diese doch sehr unfangreiche Buchbesprechung. 
Ich muss ehrlich gestehen, ich hab so einen Meter an Büchern im Regal stehen plus noch einige Scripte von HWK Lehrgängen. Alle habe/hatte ich irgendwann mal, als sie in meinen Besitz kamen gelesen und dann wanderten sie ins Regal und dort stehen sie immer noch, mit einer Staubschicht belegt 😔.
Diese Rezension zeigt mir allerdings, ich muß die alle mal wieder abstauben und mir dafür viel Zeit nehmen, um jede Seite einzeln zu entstauben.
Wie heißt es, warum in die Ferne schweifen, wenn das gute liegt so nah.

Lutz danke für den Wink mit dem Scheunentor.

Gruß Uli  
19 February 2016 at 12:08
Weiter gehts beim Metzger,
das Buch zu Fassen, und das einer "überschaubaren" Buchbesprechung ist eine gewisse Herausforderung.

In weiteren Kapitel zeigt Metzger das Treiben, Punzen von Metallen zu plastischen Körpern. Dabei läßt geht er, wie ich finde schön auf das Thema ein und zeigt eben auch wie man solche Arbeit irgendwie auch dahin bekommt wie man sich das vorstellt mit hand von Schablonen etc.
Für mich noch ein Thema was ich oft und auch jetzt übersprungen habe, da ich hier noch keine Kenntnisse sammeln konnte. Das Ätzen und Gravieren und der Metallschnitt, ich gehe aber davon aus das der Autor sich diesem auch mit seiner üblich gezeigten Fachkenntnis gewidmet hat.
Für mich interessant wurde das Thema des Aufziehens jetzt schon öfter, Metzger geht hier eben auch auf die Verwendung von Messing, Schmiedebronze etc. ein. Einsetzen konnte ich das Wissen und das Nachschlagewerk dann schon bei einigen Arbeiten wo dann "plötzlich" eine Große Messingschüssel aufgezogen werden mußte. In einigen Schnittdarstellungen werden dann auch viele von den Werkzeugen plötzlich schlüssig die Plattner so haben.
Das Herstellen der Werkzeichnung  und die Austragung der Schablone für Blätter finde ich auch ein sinniges Kapitel. In diesem offenbart sich wieder einmal was alles so zum Schmieden gehört. Wenn man die Abwicklungen von einigen Blättern sieht.. und wie die dann noch geformt werden müssen.Respekt vor diesen Arbeiten! Dann noch die Anregung wie man naturformen sich für die Schmiede erhält.. also Abgüsse von Blättern herstellt, interessant.
Die nächsten Kapitel und Seiten.. und es sind einige behandeln ein zentrales und wichtiges Thema, so finde ich, um eine schöne Schmiedearbeit in Ihrem Ursprung und Ihrer Wirkung zu erhalten.. Der Kampf gegen den Rost und Oberflächenbehandlungen wie Beizen, Brünieren, Bronzieren, schwarz Brennen.. und und und.. ein komplexes Themengebiet was hier aufgerollt wird, und auch wieder hier einmal geguckt werden muß.. sollte man das heute noch so tun?!

Das ist eben auch ein Punkt an dem Buch den ich interessant und bemerkenswert finde: Wie unbekümmert die Kunstschmiede zu der Zeit zu einigen Mitteln gegriffen haben die auch recht selbstverständlich in der Schmiede vorhanden waren.

Metzger geht auch auf das Beizen von Bronze und Messing ein (immer wieder Bemerkenswert das er sich nicht nur auf den Werkstoff Eisen / Stahl konzentriert, wie es ja leider sonst so in der Literatur gerne gemacht wird).

Ein größeres Kapitel erstreckt sich jetzt über das Thema Zäune, Gitter- und Geländerwerke, deren Wirkungen und teilweise Berechnungen.
Was ich an diesem Kapitel schätze ist, das er die Begrifflichkeiten erklärt.. und warum einige Gitter so aussehen und andere so. Zu der Grabeinfassung schreibt er eben auch ein wenig warum und wie die gestaltet werden sollte.  Das ist generell etwas was ich diesem Buch sehr zu gute halte, es erklärt auch eben die Hintergründe und das erklärt auch das Metzger noch ein Buch über Stillehre und Architektur herausgebracht hat.

In den nächsten 40 Seiten gibts einiges zu verschieden Beschlägen, Leuchtern, Wanskrakarmen, Grabkreuzen zu lesen. Hier versucht er scheinbar, genauso wie ich in meiner Besprechung, den Rest einzufangen. Zu der Zeit war das Schmiedehandwerk eben allgegenwärtig und somit auch sehr groß in seiner Umfassung.
Bei dieser Besprechung ist mir auch wieder was über den Weg gelaufen was ich bis dato noch nicht im Metzger gesehn habe:
Die Wetterfahne beschreibt er auch! Ja, sehr schön! Dafür hab ich mir doch das Schlosserbuch gekauft :( ;) Aber mehr Informationen sind immer interessant. Das Thema umfasst 2 Seiten, hat aber viele Grundsätzlichkeiten behandelt. Für mich eher nur ein grober Überblick, aber ich bin hier auch im Land der Wetterfahnen tätig (der Schwalm Ederkreis hat ein eigenes Fachbuch zu Wetterfahnen, bzw. einen Katalog wo die Geschichte und Aufarbeitung der Stile drin erklärt ist).

So.. und nu bin ich auch am Ende. Ich bin nicht wirklich zufrieden mit meiner Arbeit, aber wüßte gerade nicht wie ich Sie besser machen könnte. Das Buch ist einfach zu allumfassend um auf so viele schöne Details einzugehen die in diesem Buch enthalten sind.. es sind so Kleinigkeiten die für mich immer wieder einen Blick in das Buch lohnenswert machen, und wie schon geschrieben, hab ich heut auch wieder was neues endeckt.

Aber nun mein schlußendliches Fazit:
Prof. Max Metzger hat mit seinem Buch "Die Kunstschlosserei" mein persönliches "Altes Testament" der Schmiedeliteratur geschrieben. Einiges was hier behandelt wird, ist überholt, aber durchaus wissenswert. Für mich hat Metzger ein weites Fenster mit dem Buch geöffnet durch das man auf eine sehr weite, vielfältige Schmiedelandschaft blicken kann. Das Buch zeigt einfach das der Schmied nicht immer "der tumpe Geselle im Schummerlicht mit dem großen Hammer war" sondern ein freier Geist sein konnte der nur durch die Endlichkeit der Materialeigenschaften in Fesseln gehalten wurde.
Metzgers Buch ist kein Einsteigerbuch, aber definitiv ein Buch was mindestens in der Bibliothek eines gewerblichen Schmiedes stehen sollte und auch gelesen werden sollte.
Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.